danah boyd hat heute an der Universität Wien über das Zerfasern des gesellschaftlichen Gewebes (gibt es eine schönere bildliche Übersetzung von social fabric?) gesprochen – und wie man es reparieren könnte. Ich fand den Vortrag überaus bereichernd und habe mitgekritzelt:

In den USA waren es der erste Weltkrieg, der weiße Soldaten aus Nord und Süd zusammenbrachte, der zweite Weltkrieg, der schwarze und weiße Soldaten zusammenbrachte und schließlich das Universitätssystem mit seinen Zweibett-Dorms, das alle möglichen Menschen zusammenbrachte und so durch quasi absichtliches social engineering lebenslange Beziehungen durchs ganze Land webte.

In den letzten Jahren allerdings sorgten viele Faktoren, z.B. die Pandemie, Helikopter-Elternschaft oder online-socializing dafür, dass sich statt eines landesweiten Netzwerks Einsamkeit und Erschöpfung breitmachten. Der Rückzug in die Kleinfamilie und die Angstmache vor Fremden führte dazu, dass v.a. Jugendliche immer weniger Bezugspersonen hatten – mit der Folge, dass psychische Krisen kaum mehr aufgefangen werden können.

In Online-Netzwerken fand parallel dazu ein Wandel von symmetrischen Freundschaftsbeziehungen zu asymmetrischen parasozialen Beziehungen statt, die Berichterstattung wanderte vom Lokalen ins Globale. Diese Verschiebung sei aber keinesfalls ursächlich für die Einsamkeit. Nur: helfen tut sie auch nicht gegen die „mental health crisis“.

Was also tun in Zeiten der Einsamkeit und Radikalisierung, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu retten?

danah boyd schlägt vor: Strategisch Netzwerke pflegen, bestehende Beziehungen – seien sie eng oder ganz lose – erhalten und neue aufbauen.

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